Du liest in mir, was sonst niemand sieht.

Die zentrale Aussage des am 09.11.2018 veröffentlichten Songtextes „Wunder” von Herbert Grönemeyer ist eine intensive und fast übermenschliche Abhängigkeit von einer geliebten Person, die dem lyrischen Ich zu einem neuen Leben verholfen hat. Der Interpret beschreibt sein Leben vor der Begegnung als trostlos, selbstzerstörerisch und isoliert („Selbstbetrug“, „Rücken zur Wand“, „lebe an mir vorbei“, „war verdorrt, bei mir wuchs kein Gras“). Es herrschten emotionale Lähmung und Dunkelheit („In meinem Hafen lag kein Boot“, „Der Strom abgestellt zu der Außenwelt“).

Die andere Person wird als Lichtgestalt und Retter dargestellt, die etwas Besonderes im Sprecher sieht, was andere nicht erkennen. Ihre Geduld, Wärme und Seele werden als das „Wunder” bezeichnet, das das Leben des Sprechers trägt und ihm erst einen Sinn gegeben hat („Bevor ich dich kannte, gab es mich noch nicht”).

Der Interpret empfindet eine tiefe Sehnsucht und Bewunderung, die fast Neid auf das unbeschwerte Wesen der geliebten Person ist. Die Abhängigkeit ist so groß, dass die Vorstellung eines Verlusts als existenzielle Bedrohung empfunden wird. Wenn sich die Person abwendet, wird das Leben sofort zur „Wüste”. Dies bekräftigt die Aussage, dass das Ich ohne die andere Person „noch nicht gab”.

Zusammenfassend ist es ein Song über eine rettende, transformative Liebe, die aus tiefer Verzweiflung und Selbstablehnung führt, sowie über die daraus resultierende, fast schmerzhafte Angst vor dem Verlust dieser neuen Existenzgrundlage.