Hannah Arendt would not qualify for the Hannah Arendt prize in Germany today

Hannah Arendt würde heute in Deutschland nicht für den nach ihr benannten Preis infrage kommen. |

Hannah Arendt would not qualify for the Hannah Arendt prize in Germany today

[-Samantha Hill, Arendt-Biografin, 18.12.2024, Guardian] | »Hill begründet das so:

Sie würde heute in Deutschland gecancelt werden wegen ihrer politischen Position in Bezug auf Israel und ihren Ansichten zum zeitgenössischen Zionismus, gegenüber dem sie von 1942 bis zu ihrem Tod 1975 kritisch blieb.

Hill zitiert aus einem Brief, den Arendt 1955 in Jerusalem an ihren Mann Heinrich Blücher schrieb:

„… sie behandeln die Araber, jene, die noch hier sind, auf eine Weise, dass schon dies Grund genug wäre, die ganze Welt gegen Israel aufzubringen“.

Die jüdisch-kanadische Journalistin Naomi Klein, von der taz und anderen auch schon als „antisemitisch“ bezeichnet, sagt einem Interview mit der Frankfurter Rundschau (5. Januar 2024):

Für Hannah Arendt war es in den 1950er-Jahren normal zu sagen, dass israelische Politiker sich wie Faschisten verhalten. Wenn Masha Gessen 2023 etwas Ähnliches sagt, heben Leute den Zeigefinger und sagen: ‚Wie können Sie es wagen?‘“

Schon im Dezember 1948 hat Hannah Arendt zusammen mit Albert Einstein und anderen einen Leserbrief an die New York Times geschrieben, der scharf gegen den Besuch des späteren israelischen Ministerpräsidenten Menachem Begin protestiert. Begin, vorher Mitglied der terroristischen Untergrundorganisation Irgun, war damals Führer der neuen „Cherut“-Partei. Er gründete dann 1973 die Likud-Partei, der auch Benjamin Netanjahu angehört. Und Begin war mitverantwortlich für das Massaker von Deir Yasin im April 1948, einem palästinensischen Dorf, dessen Bewohner sich aus dem Palästinakrieg heraushalten wollten, von der Irgun jedoch gnadenlos niedergemetzelt wurden.

Die Terroristen, weit entfernt davon, sich ihrer Taten zu schämen, waren stolz auf das Massaker“, schreiben Arendt, Einstein und Co. in ihrem Brief und fahren fort: Sie „machten es weithin bekannt und luden sämtliche Auslandskorrespondenten im Land ein, die Leichenberge und die allgemeine Zerstörung in Deir Yasin in Augenschein zu nehmen“. Begins Partei, so zieht der Brief ein Fazit, trage den Stempel einer „Faschistischen Partei“, ihr Ziel sei ein „Führerstaat“. Begin hat das Massaker immer für notwendig erklärt. Mut sei die politische Tugend par excellence, habe Hannah Arendt geschrieben, so Samantha Hill, „weil er verlangt, seinen Ruf und sein Leben zu riskieren, um eine politische Meinung zu äußern“«


22.08.2025, https://www.nachdenkseiten.de/?p=137786
hören:

Neuanfang oder Niedergang?

Der Artikel „Zionismus im Endstadium – Ein Mythos zerbricht an der Realität” befasst sich mit der tiefgreifenden Krise, in der sich Israel im Sommer 2025 nach dem militärischen Konflikt in Gaza befindet. Dieser begann mit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023.

»Im Sommer 2025 steht Israel vor einer Zäsur, die weit über eine weitere militärische Eskalation hinausgeht. Der Krieg im Gazastreifen, ausgelöst durch den Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023, hat nicht nur zehntausende palästinensische Leben gekostet und weite Teile des Küstenstreifens verwüstet, sondern auch das politische Selbstverständnis Israels ins Wanken gebracht: Das Land ist innerlich tief gespalten, militärisch unter Druck, international zunehmend isoliert und wirtschaftlich belastet. Von Detlef Koch. …

… Fazit:

Israel ist innerlich tief gespalten, militärisch unter Druck, international zunehmend isoliert, wirtschaftlich belastet und ideologisch radikalisiert. Die Zeichen einer historischen Erschöpfung des zionistischen Projekts sind unübersehbar. Ob die Geschehnisse in einen Neuanfang münden oder in den Niedergang, hängt davon ab, ob das Land bereit ist, die bestehenden Strukturen radikal zu überdenken – und das Verhältnis zu den Palästinensern nicht länger als Sicherheitsproblem, sondern als Frage von Gleichberechtigung und Gerechtigkeit zu behandeln. Nur so kann Israel zu einer konstruktiven Rolle in der internationalen Gemeinschaft zurückkehren, von der es sich so weit entfernt hat.«

Zu den wichtigsten Punkten gehören:

Humanitäre Krise: Der Konflikt hat über 61.000 palästinensische Todesopfer gefordert und zu weitreichenden Zerstörungen im Gazastreifen geführt. Dies hat internationale Kritik von verschiedenen Seiten ausgelöst.

Politische Spaltung: Israel ist tief gespalten, wobei die rechtsgerichtete, nationalistisch-religiöse Regierung unter Benjamin Netanjahu auf erheblichen Widerstand einer schrumpfenden, liberal-säkularen Fraktion stößt. Die geplanten Justizreformen haben Massenproteste ausgelöst und einen kritischen Punkt in der israelischen Zivilgesellschaft markiert.

Demografischer Wandel: Die steigenden Geburtenraten unter der ultraorthodoxen Bevölkerung und die Abwanderung qualifizierter Fachkräfte tragen zu einer wachsenden gesellschaftlichen Spaltung bei und bedrohen das Grundkonzept eines vereinten jüdischen Staates.

Militärische und sicherheitspolitische Herausforderungen: Die militärische Reaktion auf den Angriff vom 7. Oktober hat die Hamas nicht vollständig neutralisiert. Dies führt zu anhaltenden Konflikten und der Gefahr von Kriegen an mehreren Fronten. Darüber hinaus hat eine beträchtliche Anzahl von Reservisten den Dienst verweigert, was die gesellschaftlichen Spannungen innerhalb der israelischen Streitkräfte (IDF) widerspiegelt.

Internationale Isolation: Die Beziehungen Israels zu den Vereinigten Staaten schwächen sich ab, insbesondere unter jüngeren jüdischen Amerikanern, die das Vorgehen Israels kritisieren. Auch die Unterstützung Europas hat nachgelassen und die Forderungen nach Einhaltung des humanitären Völkerrechts werden immer lauter.

Wirtschaftliche Auswirkungen: Der Krieg hat die israelische Wirtschaft schwer getroffen. Dies hat zu einem erheblichen Rückgang des BIP und zu erhöhten Verteidigungsausgaben geführt, was wiederum Kreditherabstufungen und eine Schwächung der Währung zur Folge hatte. Der Hightech-Sektor, einst ein Wachstumsmotor, leidet unter Investitionsrückzügen und der Abwanderung von Fachkräften.

Ideologischer Verfall: Die traditionelle zionistische Erzählung verliert an Attraktivität und es zeichnet sich eine Verschiebung hin zu einer national-religiösen Perspektive ab, die universelle Werte ausschließt. Dies hat zu wachsender Kritik sowohl innerhalb Israels als auch in der weltweiten jüdischen Diaspora geführt.

Zukunftsszenarien: Der Artikel stellt zwei mögliche Zukunftsszenarien für Israel vor: eines mit bedeutenden Reformen in Richtung Inklusion und Gleichberechtigung, das jedoch als unwahrscheinlich gilt, und ein anderes, das zu weiterer Isolation und Niedergang führt und an die Apartheid in Südafrika erinnert.

Palästinensische Perspektive: Viele Palästinenser betrachten die Zwei-Staaten-Lösung als überholt und befürworten die Vision eines demokratischen Staates, der allen Bürgern gleiche Rechte garantiert. Dies würde den derzeitigen zionistischen Rahmen jedoch grundlegend verändern.

Der Artikel kommt zu dem Schluss, dass Israel an einem Scheideweg steht. Das Land ist mit inneren Konflikten, militärischem Druck, internationaler Isolation und wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert. Die Zukunft Israels wird sich je nach Bereitschaft des Landes, seine grundlegenden Strukturen und seinen Ansatz in der Palästinafrage zu überdenken, entweder durch Wandel oder Niedergang auszeichnen.

13.08.2025, https://www.nachdenkseiten.de/?p=137344