» Seht ihn hier reden von der Zeitenwende.
Bertolt Brecht, Kriegsfibel
’s ist Sozialismus, was er euch verspricht.
Doch hinter ihm, seht, Werke eurer Hände.
Große Kanonen, stumm auf euch gericht‘. «
Frank Schumann, Hintergrund 9-10-2025, Seite 75, „In Brechts Kriegsfibel gibt es ein Pressefoto, das Hitler bei einer Rede in einer Waffenfabrik bei Berlin zeigt. Hinter ihm stehen die dort produzierten Kanonen, vor ihm die Arbeiter.“ hintergrund.de
Entstehung und Hintergrund
Die „Kriegsfibel“ ist ein bedeutendes Anti-Kriegs-Werk Brechts, das während seines Exils entstand:
- Zeitraum: Brecht begann 1933 nach seiner Emigration mit der Arbeit daran und setzte sie ab 1938 hauptsächlich in Dänemark fort.
- Material: Er sammelte Zeitungsfotos, die er aus Zeitschriften und Zeitungen ausschnitt. Sie stammten vor allem aus dem Zweiten Weltkrieg und zeigten das Grauen, die Propaganda oder die Absurdität des Krieges.
- Form: Zu jedem dieser Bilder verfasste er ein kurzes, vierzeiliges Gedicht, ein sogenanntes Epigramm oder Photo-Epigramm. Diese Verse kommentieren, entlarven und verfremden die vermeintliche Botschaft des Originalbildes.
Inhalt und Ziel
Brechts Ziel war es, die Kriegspropaganda sowie die verlogenen Berichte der bürgerlichen Presse zu demaskieren:
- Verfremdungseffekt: Er nutzte den Verfremdungseffekt, um die Betrachter dazu zu bringen, die Bilder nicht einfach hinzunehmen, sondern die gezeigten Ereignisse kritisch zu hinterfragen.
- Aussage: Die Gedichte stellen die offizielle, verherrlichende oder beschwichtigende Interpretation des Fotos meist infrage und thematisieren stattdessen die Opfer, die Zerstörung und die Schuld der Verantwortlichen.
- Titel: Die Bezeichnung „Fibel” spielt darauf an, dass das Werk als grundlegendes Lehrbuch gegen Krieg und Lüge dienen soll.
Aufbau
Die endgültige Fassung von 1955 enthält 69 Fotos mit jeweils vierzeiligen Versen.
Ein bekanntes Beispiel ist das Foto eines lächelnden, stolzen Generals, das Brecht mit einem Epigramm kommentiert, in dem er auf die gefallenen Soldaten hinweist, die dieser Sieg gekostet hat.