Der Staatszerfall Jugoslawiens von 1990 bis 1995. |

Während der Jugoslawienkriege haben die westlichen Staaten nicht nur versäumt, ernsthafte Friedensbemühungen zu unternehmen, sondern sie haben auch aktiv zur Eskalation des Konflikts beigetragen. Dies führte letztlich zum Zerfall Jugoslawiens.

Der Artikel beleuchtet die geopolitischen Dimensionen des Staatszerfalls Jugoslawiens zwischen 1990 und 1995 und untersucht insbesondere die Rolle westlicher Regierungen. Diese unterließen nicht nur Friedensbemühungen, sondern trugen während der Konflikte auch aktiv zur Eskalation bei. Dabei wurden die Unabhängigkeitsbestrebungen der Teilrepubliken oft auf ethnische Konflikte reduziert, obwohl auch wirtschaftliche und geopolitische Faktoren entscheidend waren. Schließlich wird argumentiert, dass die Berichterstattung der westlichen Medien und politische Narrative stark vereinfacht waren und die komplexen Ursachen des Konflikts nicht angemessen berücksichtigten.

»Die geopolitische Dimension von „Bürgerkriegen“: Der Staatszerfall Jugoslawiens 1990 – 1995 – Vor 30 Jahren wurde das Abkommen von Dayton geschlossen. Zuvor hatten Regierungen westlicher Staaten während der Kriege in Ex-Jugoslawien nicht nur ernsthafte Friedensbemühungen vermissen lassen, sondern konstruktive Lösungen immer wieder sabotiert. Sie nahmen die Eskalation des Krieges vor allem in Bosnien aus geostrategischen Erwägungen heraus billigend in Kauf und heizten diese mitunter sogar wissentlich und vorsätzlich an. Von Günther Auth.«, 29.10.2025, https://www.nachdenkseiten.de/?p=141248

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Westeuropäische Bürgerkriege werden wahrscheinlicher.

In seinem Artikel argumentiert David Betz, Professor am King’s College London, dass Westeuropa in den kommenden Jahren einem erheblichen Risiko von Bürgerkriegen ausgesetzt ist, obwohl solche Konflikte in dieser Region allgemein als unwahrscheinlich gelten. Er identifiziert drei wesentliche strukturelle Bedingungen, die zu inneren Unruhen führen können.

»Der Professor am Londoner King’s College beschäftigt sich mit den Bedingungen für Bürgerkriege und bewaffnete Aufstände. Lassen sich die erschreckenden Szenarien noch verhindern? Ein Interview.«

Gesellschaftliche Spaltung: Betz stellt eine zunehmende Polarisierung der Gesellschaft fest, in der Identität und Gruppenzugehörigkeit den rationalen politischen Diskurs überschatten. Er hebt den Aufstieg identitätsorientierter politischer Bewegungen hervor, insbesondere im Vereinigten Königreich, wo sich eine muslimische politische Fraktion in erster Linie auf internationale muslimische Interessen konzentriert und innenpolitische Themen vernachlässigt.

Statusverlust der Mehrheitsbevölkerung: Betz diskutiert das Phänomen des „Downgrading”, bei dem die historisch dominante kulturelle und politische Mehrheit rasch ihren Status verliert. Dieser Wandel dürfte dazu führen, dass die einheimische Bevölkerung innerhalb einer Generation in ihren eigenen Ländern zur Minderheit wird, was zu Entfremdungsgefühlen und Ressentiments führen kann.

Erosion des Vertrauens in Institutionen: Betz verweist auf einen deutlichen Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in verschiedene Institutionen, darunter Politik, Medien und Strafverfolgungsbehörden. Diese Erosion behindert die Fähigkeit zur friedlichen Konfliktlösung und kann zum Zusammenbruch der Gesellschaft führen.

Betz betont, dass Masseneinwanderung oft eher auf Entscheidungen der Elite als auf den Willen der breiten Bevölkerung zurückzuführen ist, was zu diesen Spannungen beiträgt. Er hebt auch wirtschaftliche Faktoren wie Stagnation und steigende Verschuldung hervor, die die Situation insbesondere für jüngere Generationen mit schlechteren Zukunftsaussichten verschärfen.

Betz warnt vor potenziellen Konflikten entlang zweier Hauptachsen: Nationalisten gegen Postnationalisten sowie Einheimische gegen Neuankömmlinge. Diese könnten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen, die an historische „schmutzige Kriege“ erinnern.

Betz kommt zu dem Schluss, dass zwar langfristig die nationalen Identitäten die Oberhand gewinnen könnten, der Weg dorthin jedoch von Gewalt und Zerstörung geprägt sein könnte – ähnlich wie beim gewaltsamen Zerfall Jugoslawiens. Er betont, dass diese Probleme dringend angegangen werden müssen, da die Wahrscheinlichkeit eines Bürgerkriegs in Europa innerhalb der nächsten fünf Jahre bei bis zu 60 % liegen könnte, wenn sich die aktuellen Trends fortsetzen.

23.08.2025 | https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/britischer-konfliktforscher-fast-alle-voraussetzungen-fuer-buergerkriege-in-westeuropa-sind-erfuellt-li.2349377