Ungleiche Vermögensverteilung. | Retelling.

Eine Zahl, die in diesem Zusammenhang gerne genannt wird, ist die Vermögenskonzentration am obersten Rand. Die Frage ist also: Wie viel Vermögen fällt den oberen ein Prozent beispielsweise zu? In Frankreich sind es 27 %, das heißt, mehr als ein Viertel des Gesamtvermögens fällt dem obersten Prozent zu. In Deutschland ist es mit 28 % ähnlich.

Sie könnten sich auch fragen, wie viel Vermögen der unteren Hälfte der Vermögensverteilung zukommt. In Frankreich sind es 5 %, die der unteren Hälfte des Gesamtvermögens zufallen. In Deutschland sind es 3,5 %, also noch weniger. Insofern ist die Vermögensungleichheit in beiden Ländern in der Tat krass.

Gabriel Zucman schlägt vor, dass die Steuern, die von den reichsten Haushalten zu zahlen sind – also die Einkommensteuer und andere Steuern wie die Immobiliensteuer – mindestens zwei Prozent ihres Vermögens ausmachen müssen. Dieser Vorschlag wird derzeit in Frankreich debattiert.

Ich halte ihn [Vorschlag von Gabriel Zucman] für einen sehr interessanten Ansatz, der in der politischen Diskussion zwar als radikal beschrieben wird, aus meiner Perspektive jedoch weit davon entfernt ist. Dazu muss man wissen, dass es in vielen Ländern bereits Vermögenssteuern gab, auch in Deutschland, wo sie bis 1997 erhoben wurden. Dann wurden sie aus rein technischen Gründen ausgesetzt. Auch die Höhe von 2 % mag etwas höher sein als die typischen Besteuerungsraten von Vermögen in der Vergangenheit, die meistens relativ gering waren. Aus meiner Perspektive muss ich sagen: Wenn es um Vermögensungleichheit geht, sind diese Steuersätze weit von radikal entfernt. Denn wir erinnern uns: Die Vermögenszuwächse am obersten Rand sind stark und liegen weit über 2 %. Insofern ist eine zweiprozentige Vermögenssteuer ab 10.000.000 € in keiner Weise ungleichheitsreduzierend, sondern verlangsamt den Anstieg der Ungleichheit nur etwas.

Ich denke, dass das deutsche Stiftungswesen Auswüchse erreicht hat, die es hochvermögenden Familien erlauben, Vermögen steuerfrei über die Generationen hinweg weiterzugeben. Vermögen steuerfrei über Generationen weiterzugeben, widerspricht dem Gerechtigkeitsempfinden der meisten Deutschen. Hinzu kommt allerdings auch der Eindruck, dass die Erbschaftssteuer nur dann erhoben wird, wenn es darum geht, Betriebsvermögen zu enteignen. Auch das ist eine falsche Einschätzung. In Deutschland ist es beispielsweise so geregelt, dass Sie einen Betrieb weitervererben können und solange dieser ein Vermögen von unter 26.000.000 Euro hat, können Sie ihn steuerfrei weitervererben. Wenn also das nächste Mal behauptet wird, die Erbschaftssteuer zerstöre kleine Betriebe, Bauernhöfe und Eckkioske, dann ist das nicht korrekt.

~ Manfred Götzke (Deutschlandfunk) im Interview mit dem Soziologen Fabian Pfeffer, 03.10.2025, Deutschlandfunk, Information und Musik

https://www.deutschlandfunk.de/reichensteuer-gegen-soziale-ungerechtigkeit-fabian-pfeffer-soziologe-100.html

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